Franz und die Bäume

Dies ist eine Glosse. Der Hinweis ist in dem Sinne zu verstehen wie: Die nachfolgende Sendung ist für Zuschauer unter 16 Jahren nicht geeignet. Damit sich keiner wundert, wenn die nette Dame auf dem Motorrad, nachdem sie ein wenig mit dem Popo gewackelt hat und die Silikonbrüste zur Kamera reckte, tatsächlich den gesamten Revuekörper freilegt.

Also: Wie ich den gewöhnlich gut unterrichteten und deshalb darüber schreibenden Kreisen entnahm, sollen massenhaft Bäume in voller strotzender Gesundheit rund um die wunderbare Ilmenauer Schule „Franz von Assisi“ schnöde gefällt werden. Baumfällen und Franz von Assisi passen nach allgemeiner Überzeugung ungefähr so gut zusammen wie Tofuschnitzel und Tüpfelhyäne, weshalb den Verantwortlichen der Gedanke kam, die Schwere ihrer Entscheidung für die Tat zuvor öffentlichkeitswirksam nachvollziehbar zu machen.

Man hat, las ich, vier Gullys voll Tränen vergossen, als klar war, dass jede weitere Expansion der Schule anders nicht zu haben ist. Man hätte, womit letztlich die Schuld bei allen anderen liegt, wie es sich für jede halbwegs ordentliche Schuld gehört, man hätte auch ein Hochhaus bauen können, dann wären die Bäume jetzt nicht Spielmasse geworden, aber ein Hochhaus wollte niemand unter denen, die Genehmigungen erteilen. Und nun zahlen eben die Bäume die Rechnung für solch hochgradige Planerblindheit.

Außenstehenden sei gesagt: nichts auf dieser Welt wuchs wahrscheinlich in so kurzer Zeit so schnell wie diese Schule. Eben noch waren es zwei Pastorengattinnen, oder waren es zwei Kirchenmusiker-Cousinen, die ein Kind und noch eins nicht in die staatliche Schulmühle gesteckt sehen wollten und weil sie eben nichts anderes zu tun hatten, mit sechs Mark fündunddreißig in der Tasche die Gründung einer freien Schule in die Wege leiteten. Die Rahmenbedingungen waren günstig, Fördergelder in Höhe von 99,97 Prozent lockten, vielleicht waren es auch drei Nanoprozent weniger, dies ist ja eine Glosse.

Und dann ging es so was von los. Die zunächst als vollkommen unbegründet zurückgewiesene Befürchtung gewöhnlicher Grundschulen, ihnen würden hier auf elegante Weise Schüler entzogen, damit auf kaltem Wege Schulstandorte gefährdet, war letztlich alles mögliche, nur nicht aus der Luft gegriffen. Denn jeder Schüler, der bei Franz auf die Kreativ-Strecke hechtet, fehlt den gewöhnlichen Zensurenhanseln und irgendwann kommt dann die Evaluierung des Schulnetzes, in dem Franz außen vor ist und wenn er zweitausend Schüler hätte. Denn Franz läuft als harte Konkurrenz außerhalb der Konkurrenz. Und das ist so gewollt.

Erst war es eine Grundschule, die man kaum unter dem Mikroskop sah, dann war es eine Grundschule, wie kleine Grundschulen halt so sind, dann zusätzlich eine Regelschule, mittlerweile ist beides um einen gymnasialen Teil cool ergänzt. Es hat inzwischen Architekturpreise gewonnen, weil es die herzige Plattenbau-Herrlichkeit der Anfänge einfach nicht mehr ertrug, vielleicht war es auch nur auf der Short-List für Architektur-Preise, dies ist eine Glosse und keine Sachstandsanalyse fürs Brigadetagebuch. Das bisherige Tempo hochgerechnet, darf mit dem Antrag auf Erteilung des freien Gesamthochschulstatus bei vorsorglicher Wahrung des Anrechts, die zweite Universität in Ilmenau zu werden, innerhalb der kommenden Legislatur für Oberbürgermeister und Landräte kalkuliert werden.

Die staatliche Exterrritorialität danach bleibt ausdrücklich vorbehalten. Dann muss, falls immer noch nicht vernünftig in die Höhe gebaut werden darf, die Zuschüttung des Stausees Heyda ins Kalkül genommen werden für benötigte Flächen. Da Heyda, was es gern verschwieg, schon immer gern eine Universität gehabt hätte - notfalls auch mit dem schönen Namen „Franz von Assisi“ - können alle Beteiligten und Betroffenen frohen Mutes in die allerliebste Zukunft blinzeln. Aus den gefällten Bäumen sollen, las ich, nützliche und schöne Dinge gestaltet werden. Das wenigstens ist ein Trost. Eine Gefahr, dass aus ihnen ein alternatives Lenin-Denkmal genagelt werden könnte, besteht ohnehin nicht.


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