Arthur Eloesser im Netz

Zweimal habe ich mich Arthur Eloesser schreibend zu nähern versucht: als sich sein Todestag am 14. Februar 2018 zum siebzigsten Male jährte (http://www.eckhard-ullrich.de/buecher-buecher/3095-arthur-eloesser-elisabeth-bergner) und als kürzlich seines 150. Geburtstages zu gedenken war, am 20. März 2020: http://www.eckhard-ullrich.de/buecher-buecher/3985-arthur-eloesser-die-strasse-meiner-jugend. Was dort zu lesen steht, muss nicht wiederholt werden, es hat mir selbst nicht wenig neues Eintauchen in alte Lieblingsgründe gebracht. Die Vorarbeiten zu beiden Texten warten an mehreren Stellen auf Fortsetzung. Das vielleicht wichtigste Ergebnis dieser beiden Publikationen: ich lernte den Enkel Eloessers kennen, weiß erst seit einem sehr anregenden Telefonat, dass ich den Namen bisher stets falsch aussprach: Man hat Elo-esser zu sagen, die Vokale getrennt, in anderen Sprachgegenden würde hierfür vielleicht sogar das E mit Diärese (ë) benutzt. Im Ergebnis dieser Bekanntschaft sah ich mir in einer mir sehr gut bekannten Gegend in Berlin-Charlottenburg den seit 2011 so benannten „Margarete-und-Arthur-Eloesser-Park“ an. Dass beide in der Dahlmannstraße gewohnt haben, liefert zusätzlich einen sehr persönlichen Berührungspunkt.

Jetzt gibt es für Arthur Eloesser eine eigene Website: https://arthureloesser.de/ und ich stehe nicht an, das vorbehaltlos zu begrüßen. Sie soll, höre ich von dem Verantwortlichen, noch zu neu und noch sehr ausbaufähig sein, vielleicht auch die eine oder andere Stolperstelle aufweisen. Das will ich nicht beckmesserisch beurteilen: was ich sah und las, einmal im Überblick, einmal im Detail, kann sich jetzt schon mehr als sehen lassen. Die Seite hat eine freundliche und handhabbare Anmutung, sie stellt Porträts zu den Stimmen beispielsweise, man sieht Thomas Mann, Gerhart Hauptmann, Max Osborn (dessen 150. Geburtstag am 10. Februar 2020 leider auch kaum eine Rolle spielte in den Medien, soweit ich das verfolgt habe), man sieht Kurt Tucholsky, Rudolf Arnheim, Marcel Reich-Ranicki, Otto Brahm und, ganz unten, leider, würde ich fast sagen, und das nicht nur, weil Eloessers Buch über sie offenbar das von den Auflagen her erfolgreichste seiner Bücher war, Elisabeth Bergner, die grandiose Schauspielerin. Wer nichts Besseres zu tun hat, könnte bedenken, ob Reich-Ranicki gut platziert ist zwischen Arnheim und Brahm, ob nicht vielleicht sogar eine alphabetische Folge die eleganteste Lösung wäre, allen Rangdebatten aus dem Weg zu gehen.

Mich hat, das nebenbei, ohnehin leise irritiert, wie sich der Großkritiker, den viele gern gedankenlos Kritiker-Papst nennen, an Begegnungen mit Eloesser erinnert, der ja bereits am 14. Februar 1938 an den Folgen einer Operation starb, da war Reich-Ranicki noch keine 18 Jahre alt. Am 28. Oktober 1938, so lässt sich in „Mein Leben“ nachlesen, bekam Reich-Ranicki noch vor 7 Uhr von einem Schutzmann das Dokument ausgehändigt, das seine Ausweisung verfügte. In der Autobiographie jedenfalls fällt der Name Arthur Eloesser an keiner Stelle, mir ist auch keine andere bekannt, die sich als Beleg heranziehen ließe. Was nicht zwingend bedeutet, dass es keine gibt. Doch für die neue Eloesser-Seite ist das eher marginal. Zunächst wäre da unbedingt der tabellarische Überblick über das Leben zu empfehlen. Ich greife das Jahr 1933 heraus: dort ist für den 26. September auf eine Liste verbrennungswürdiger Bücher verwiesen, gedruckt in der „Berliner Illustrierten Nachtausgabe“. Das finde ich sehr wichtig, weil diese Liste eben vier volle Monate nach der großen Bücherverbrennung auf dem Berliner Opernplatz veröffentlicht wurde und keine tatsächliche Bücherverbrennung bedeutet. Wichtig deshalb, weil man immer wieder zu unterschiedlichen Autoren lesen kann, ihre Werke seien auf den Scheiterhaufen der Nazis gelandet, was nicht stimmt.

In dieser Rubrik wäre, was eine rein mechanische Korrektur bedeutet, bei mehreren Aussagen zu einem Kalenderjahr einfach der Chronologie zu folgen: die neue kleinere Wohnung am Lietzenseeufer etwa, wohl nicht mehr exakt datierbar, sollte nach und nicht vor dem 6. März 1933 stehen, der immerhin insofern essentiell war, als an diesem Tag Eloessers letzte gedruckte Arbeit für die „Vossische Zeitung“ erschien. Über Anna Luise Karsch, die 2022 ihren 300. Geburtstag hat und 2021 ihren 230. Todestag, Anlässe vielleicht, gerade diese Arbeit neu zugänglich zu machen. Zur Biographie im Netz gehört eine biographische Karte, die sicher noch eine Legende bekommt. Die Bibliographie umfasst die Bücher Eloessers in einer noch nicht endgültigen Ordnung, aber schon auch mit bekannten fremdsprachigen Ausgaben. Die zweibändige Darstellung „Die deutsche Literatur vom Barock bis zur Gegenwart“ ist antiquarisch derzeit komplett nicht mehr zu haben, der erste Band bis zu Goethes Tod dagegen wird mehrfach angeboten. Es gibt inzwischen in einem Reprint-Verlag einen Nachdruck, die Bände des Original-Verlags aus den Jahren 1930 und 1931 zieht der Liebhaber natürlich klar vor. Die überarbeitete Fassung einer Dissertation von 2010 mit 200 Seiten Umfang kann in der Rubrik Rezeption angesehen werden, das ist geradezu vorbildlich.

Das größte Entwicklungspotential zeigt derzeit (noch) die Rubrik „Texte/Briefe“, hier sind ganze Unterrubriken noch leer, woraus erkennbar wird, in welcher Richtung die weitere Arbeit an der Seite vor allem gehen wird: leer sind (noch) Theater, Berlin und Jüdische Schriften. Die kleine Schrift „Palästina-Reise 1934“, erschienen im Verlag Horst Olbrich 2019, der 2011 in erster Auflage auch Berliner Feuilletons 1920 bis 1922 unter dem Titel „Wiedereröffnung“ publizierte, ist unter Aktuelles angezeigt, ich las sie erst vor wenigen Wochen und werde sicher auf sie gesondert zurückkommen. Die Rubrik Medien präsentiert Ausrisse aus „Tagesspiegel“ und „Neues Deutschland“ vom Oktober 1998, hinzu treten einige Verlinkungen und zwei Audio-Beiträge. Besonders hervorzuheben ist, dass auch Margarete Eloesser eine eigene Rubrik hat, die am 13. Mai 1881 geborene Ehefrau, beide heirateten im Jahr 1903, ist selbst als Autorin von Gedichten und Kindertheaterstücken hervorgetreten. Aus dem Archiv des Jüdischen Friedhofs Weißensee sind die Sterbeurkunden der Eltern von Eloesser zu sehen, dort gibt es auch einen Gedenkstein an das Ehepaar und an Eloessers Schwester Fanny Levy. Stolpersteine für Margarete (Lietzenseeufer 1 und Fanny (Flotowstraße 10) erinnern zusätzlich an beide Frauen, ein Ehrengrab für den Berliner Arthur Eloesser findet sich auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof. Viel Erfolg mit dieser jetzt schon sehr interessanten, vielversprechenden Seite, viele Nutzer sind Enkel Michael Eloesser zu wünschen.


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